Heute ist so einer dieser Morgen…
Nachdem ich gestern in einer unglaublichen Lets-do-this-and-that-Energie war und alles Mögliche entschlossen und mit Leichtigkeit angepackt habe (wie zum Beispiel unangenehme Telefonate), ist es heute eher zäh und unfliessend (hihi, ich erfinde hier neue Wörter). Aber wenn ich so im Schreibflow bin und mir erlaube, alles zu sein, was ich bin, passieren neuerdings solche Sachen… oder eben Wörter.
Und ich lasse sie einfach zu. Und stehn.
Heute morgen also ist so ein typisches Reflektor-Beispiel. Eines der für mich eher unangenehmen Sorte. Ich sitze vor meinem Laptop und schiebe – bildlich gesprochen – die Blätter auf meinem Schreibtisch hin und her. Weiss nicht, wo ich anfangen soll, was ich bleiben lassen soll. Ich beginne Mails zu schreiben, streiche ganze Absätze wieder durch. Fange neu an. Zweifle. Will was sagen, mitteilen… nehm’s dann wieder zurück. Zu forsch, zu direkt, sagt der Kritiker in mir.
Wie wenn zwei Anteile in mir darum ringen, wer jetzt heute das Sagen hat.
Das macht es mühsam und anstrengend. Und vorallem komm ich nicht vorwärts.
Ich kann mich schlecht fokussieren, meine Gedanken und Ideen hüpfen von hier nach da. Und hintendran lauert aber der Druck – oder wie die Stimme auch immer heisst – und findet, ich sollte jetzt schon was auf die Reihe kriegen und hier nicht einfach so Rumdödeln. Heute ist die Stimme noch recht leise… aber trotzdem so präsent, dass ich sie nicht einfach ignorieren kann.
Ignorieren würde ja zum Beispiel heissen, dass ich akzeptiere, dass ich heute nicht in der Produktivitäts-Energie bin sondern in der Energie von… Ja, von was eigentlich?
Aktuell wär’s einfach Unruhe. Innere Unruhe. Und nicht Loslassen können. Nicht akzeptieren, dass die Energie eben heute keine Generator- oder MG-Qualität hat.
Und zu akzeptieren, dass ich heute einfach nur sein darf. Vielleicht ein bisschen lesen, surfen, mich inspirieren lassen. Keine Ahnung.
Zu akzeptieren, dass die Energie und Schaffenskraft nicht jeden Tag da ist, ist echt schwer für mich. Gerade wenn ich einen grossartigen Tag hatte wie gestern, möchte ich am nächsten Tag gleich daran anknüpfen und weitermachen. Die vielen Ideen, die ich hatte, weitertreiben, vorankommen.
Und dann zu spüren, dass es heute eben nicht geht, ist hart. Und ich bin in der Vergangenheit – und tue es auch bis heute noch – dann einfach über diese Lows hinweggegangen.
Ich pushe mich, zwinge mich.
Vergleiche mich. Alle anderen können’s doch auch.
Die Männer auf der Baustelle nebenan überlegen sich schliesslich auch nicht jeden Morgen, ob sie nun heute in der Stimmung sind, wieder Bagger zu fahren oder vielleicht lieber nur darüber zu sinnieren, ob der angemischte Beton die richtige Farbe hat.
Und mit diesen Worten realisiere ich, wie ich mich selber verurteile. Ich verurteile mich dafür, dass ich nicht täglich Arbeiten und Ranklotzen kann, wie 70% der Menschen es eben tun können (Generatoren und MGs).
Ja, ich möchte das auch können.
Weil mein Kopf mir immer ganz viele Ideen liefert (das ist mein Druckzentrum). Und nein, mein Körper, so grossartig er ist und so viel Energie ich grundsätzlich auch habe, lässt das nicht zu. Oder ist es meine Seele? Sie bestimmt auch.
Sie muss ja auch wieder regenerieren, Eindrücke versorgen, sein.
Nach einem Tag wie gestern,
wo ich viele Begegnungen hatte, tolle Erlebnisse, schöne Gespräche und obendrein noch viel erledigt, braucht sie Ruhe und Erholung. Mein Nervenkostüm auch.
Falls du hochsensibel bist, kennst du das auch. Da schwingt einfach noch viel nach, was innerlich in Schublädchen versorgt werden will, wie ich dem immer sage.
Und manchmal kommt dann sogar eine Scham.
Eine Scham darüber, dass ich heute eben so anders bin als gestern. Ich habe mich gestern lieber gemocht als heute. Die spritzige, offene und tatkräftige Sabina von gestern ist mir sympathischer als die zerstreute, unsichere, zweifelnde, die jedes Wort abwägt und drei Schritte vor und zwei rückwärts geht.
Hui, schon wieder eine Verurteilung! Wow, krass.
Sabine, meine HD-Ausbildnerin, hatte recht: Schreiben ist ein wichtiges Ventil für mich. Schreiben befreit mich. Und ich würde noch ergänzen: Schreiben deckt auf, was in mir drin ist. Auch die krassen, unfeinen Gedanken werden sichtbar.
So, für heute ist das nun aber wirklich genug. Ich merke, wie ich aus dieser Energie rauswill. (Da kommt sie wieder um die Ecke geschossen, die Entschlossene.)
Ich lasse jetzt hier los. Lasse es so stehen. Mache mir eine schöne Tasse Kaffee… und gönne mir einen Friedensmoment.

