Lago Bianco und Alp Grüm. Eine Herbstreise für Geniesser.

1. Oktober 2016
Sabina Hediger Coaching

Hi, ich bin Sabina

Ich bin Life Coach und begleite (hochsensible) Frauen zu mehr Leichtigkeit und Lebensfreude!

Ich schreibe über alles, was das Leben einfacher und unkomplizierter macht.

Und wenn es etwas zu feiern oder zu lachen gibt, bin ich sofort dabei. Weil hey, das Leben ist zu kurz für lauwarm, oder?

Ich liebe Tagesausflüge.

So ein kleiner 1-Tages-Trip in der Schweiz ist doch was Herrliches. Wer mich ein wenig kennt weiss, dass ich sehr gerne auch ausserhalb unseres Landes unterwegs bin. Das ist klar. Aber zwischendurch ist es für mich genau richtig, die Schönheiten der Schweiz zu geniessen. So ein Tag lässt mich auftanken, ausruhen und bringt neue Inspiration.

Im Herbst finde ich es als Flachländerin in den Bergen besonders schön. Dann, wenn die Blätter der Bäume in den buntesten Farben leuchten, die Lärchen sich gelb verfärben und die schneebedeckten Gipfel einen perfekten Kontrast im Hintergrund bieten. Zusammen mit dem tiefblauen Himmel natürlich. Klingt schon fast ein bisschen kitschig? Ist es auch. Wie im Bilderbuch. Oder auf dem Kalenderblatt. Einfach zauberhaft.

Eine ganz besondere Reise gönne ich mir fast jeden Herbst: Die insgesamt 8-stündige Zugfahrt zum Lago Bianco beim Berninapass.

Was, den ganzen Tag Zug fahren?

Eine Information vorneweg: Dieser Reisebericht ist aus der Perspektive einer Geniesserin geschrieben. Von einer Frau, die es liebt, mit einem Buch bequem im Zug zu sitzen. Die es geniesst, die fantastische Landschaft zu betrachten, ohne jeden Namen der vorbeiziehenden Dörfer oder Berge kennen zu wollen.
Eine, die manchmal mit den Mitreisenden ins Gespräch kommt. Oder auch nicht. Eine Frau, die sich erlaubt, mit Stadtkleidung in die Berge zu fahren.

Und die Alpen zu erleben.

Herbstimpressionen im Engadin | ©Sabina Hediger
Herbstimpressionen im Engadin | ©Sabina Hediger

Falls du zu den Menschen gehörst, die über diese Reise jedoch interessante und vertiefte Details kennenlernen möchten, liefert Google alles Wissenswerte.

Wikipedia meint über mein Reiseziel: “Der Lago Bianco ist ein Stausee am Berninapass zwischen dem Valposchiavo und dem obersten Seitental des Engadins, dem Val Bernina.”

So reise ich

Morgens geht’s in Zürich schon früh um 8.00 Uhr los. Im Speisewagen bestelle ich mir einen Cappuccino und ein Gipfeli. Eine kleine Gruppe rüstiger Senioren ist auch da. Munter plaudernd widmen sie sich einem ausgiebigen Frühstück mit allem Drum und Dran.


Die Unterhaltung plätschert so vor sich hin und ich bekomme ein paar Fetzen davon mit:

“Wie geht’s dem Enkel in der Schule? Klappt’s jetzt besser mit dem Rechnen? Und was macht eigentlich deine Tochter in Australien? Wie lange bleibt sie noch da unten? Und ach übrigens… wie geht’s deiner Hüfte? Oh schau’, hast du gesehen, hier wird wieder gebaut. Ich glaub’s ja nicht! Ob die’s nicht wieder übertreiben?”

Gemütlich lehne ich mich in meinem Stuhl zurück und nehme noch einen Schluck aus meiner Tasse. Längst sind wir am Zürichsee vorbeigeflitzt. Die Sicht aus dem Wagenfenster war dabei unglaublich. Man ist streckenweise so nah am Wasser, als würde man quasi dem Ufer lang spazieren.

Bei Horgen hatte grad eine Autofähre abgelegt – stolz schob sie sich über den See Richtung Meilen. Wenn ich mir die Autos da drauf so anschaue und überlege, dass einige von ihnen mit dem Schiff zur Arbeit fahren, finde ich das schon ziemlich cool. Hat doch was, oder?

Die ältere Lady am Nebentisch mit dem schelmischen Zwinkern in den Augen beginnt mich in ein Gespräch zu verwickeln. Spannend, was sie in ihrem langen Leben schon alles erlebt hat. Geschichte reiht sich an Geschichte und ich bin fasziniert. Vorallem, als sie mir strahlend erzählt, dass sie bald ein weiteres Buch mit selbstverfassten Gedichten veröffentlichen wird. Mit 78 Jahren, notabene. Sie liebe es zu schreiben und lasse sich beim Reisen gerne zu neuen Ideen anregen.

Aus dem Augenwinkel nehme ich in der Ferne die vorbeiziehende Landschaft war. Und denke für mich: “Aha, das kommt mir doch bekannt vor. Das mit dem Schreiben und den Anregungen durch’s Reisen.” Und meine Gedanken spinnen noch weiter:

“Ob ich tatsächlich 60 oder 70 werden muss, bis ich mich an mein erstes Buch wage? Und worüber werde ich schreiben?”

Ich reisse mich wieder in die Gegenwart zurück. Wir fahren in Landquart ein. Da ist umsteigen angesagt. Ich verabschiede mich von meiner charmanten Wegbegleiterin, welche sich für eine andere Route entschieden hat. “Wer weiss, vielleicht sehen wir uns ja mal wieder?”, rufe ich ihr vom Perron aus winkend zu. Was für eine nette Dame.

Bernina-Express oberhalb Pontresina | ©Sabina Hediger
Bernina-Express oberhalb Pontresina | ©Sabina Hediger

Salsiz im Tunnel

Der Zug ruckelt gemächlich durch Feriendörfer wie Schiers und Küblis bis wir hinter Klosters für ziemlich lange im Vereinatunnel verschwinden. Die Fahrt durch die Dunkelheit wird aufgeheitert durch einen urigen Herrn in Älplertracht, der aus einem geflochtenen Korb würzigen Salsiz (eine luftgetrocknete Rohwurst) zum Probieren verteilt. Genau die richtige Einstimmung auf die Berge. Und eine lässige Marketingidee.

So langsam steigt in mir die Spannung und die Vorfreude. Nach dem Vereinatunnel treten wir plötzlich in eine andere Welt ein. Wir sind im Engadin angekommen! Für mich immer wieder ein besonderer Augenblick. Erinnerungen an Herbst- und Winterurlaube als Kind lassen mich innerlich lächeln.

Vorbei geht’s an typischen Engadiner-Häusern mit ihren wuchtigen Mauern, welche mit speziellen Malereien verziert sind. “Vielleicht sollten wir doch mal wieder unsere Winterferien hier verbringen? So bei Minus 20 Grad durch den Schnee stapfen, um morgens beim Bäcker frisches Brot zu holen, hat doch auch was.” Na ja, man kann ja mal träumen… Die Romantikerin in mir hat immer mal wieder schöne Ideen.

Der Wagen ist luftig

In Samedan kommt dann endlich endlich der für mich schönste Teil der Reise: Ich steige in den prächtigen rot-leuchtenden Panoramawagen des Bernina Express ein und nehme auf einem bequemen Sitz am Fenster Platz. Die Sessel sind sehr grosszügig bemessen und die Weite und Luftigkeit im Wagen wird durch die riesigen Panoramafenster noch unterstrichen. Ein Wahnsinnsgefühl, so zu reisen! Ich richte mich an meinem Platz ein. Packe mein Wasser aus und lege das Telefon griffbereit zum Fotografieren.

Erstmals fahren wir ein paar Minuten bis nach Pontresina. Von hier an wird’s nun richtig spannend. Der Zug schlängelt sich in gemächlichem Tempo durch schattige Heidelandschaft. “Ah, ein Eichhörnchen! Wie süss, ich hab’ schon so lange keines mehr gesehen. Und sind das da etwa Alpenrosen? Oder ist die Saison schon vorbei? Egal, es sieht auf jeden Fall hübsch aus.”

Keine Genickstarre

Die Landschaft wechselt nun in jeder Kurve ihr Gesicht. Man sieht Schluchten, Wasserfälle, Schneeberge oder auch mal einen Gletscher. Und das alles vom kuschelig-warmen Zug aus. Einfach toll!

Aufgeregt hüpfe ich von Fenster zu Fenster, um die besten Ausblicke und Fotos zu erhaschen. Meinen Mitreisenden geht es übrigens genauso. Gut, dass der Zug nicht überfüllt ist. Eigentlich könnte ich auch ruhig sitzen bleiben und die höchsten Gipfel betrachten, ohne eine Genickstarre zu bekommen. Panoramafenster sei Dank. Aber ruhig ist nicht, wenn ich richtig begeistert bin.

Immer weniger Bäume zeigen sich am Wegesrand. Zu hoch oben sind wir schon. Die Landschaft wirkt karg und etwas trist. Wenn da nicht der blaue Himmel und die felsigen Berge wären.

Er ist da

Und irgendwann in dieser doch für mich etwas beklemmenden Atmosphäre erscheint – wie aus dem Nichts – am Horizont ein See. Der weisse See. Der Lago Bianco. Anders als sein Name vermuten lässt, liegt er heute in einem leuchtenden Hellgrün vor uns.
Ah… welch’ ein Anblick! Still und ganz andächtig werde ich da und vertiefe mich in dieses Bild.

Aber nicht für lange. Wir näheren uns nämlich dem magischen Punkt. Es gibt diesen Moment, wo das hintere Ufer des Sees direkt an der Linie zwischen Himmel und Erde liegt. Also grad am Horizont. Er erinnert mich an einen Infinity-Swimmingpool aus einem stylischen Reisemagazin. Wunderschön!

Alp Grüm – für mich ist hier Schluss

Ein paar Minuten geht’s im Zug noch dem See entlang und das Staunen über diese hochalpine Schönheit hört nicht mehr auf. Bis ich nach guten 4 Stunden abwechslungsreicher Zugfahrt an meinem heutigen Ziel angekommen bin: der Alp Grüm.

Der Zug fährt noch weiter – gegen Süden, nach Italien hinunter. Aus Zeitgründen steige ich aber hier oben aus. Erstmal Füsse vertreten, tief durchatmen und ein paar Fotos machen. Endlich da! Herrlich, diese erfrischende Bergluft. Wobei erfrischend ist fast ein wenig untertrieben. Kühl trifft’s schon eher. Kein Wunder, wir sind ja auf 2’090 Meter über Meer. Die Städterin in mir vergisst diese Tatsache immer mal wieder gerne. Ich ziehe meinen Mantel etwas enger zu und lege mir den Schal um.

Ist das ein Adler, der da oben am Himmel kreist? Oder eher ein Mäusebussard? Mein Herz schlägt höher, die Entdeckerfreude wächst. Dieses Gefühl von Freiheit, Weite und Luft. Ausdehnen, Arme ausbreiten, eintauchen.

Suppe in der Sonne

In der Zwischenzeit hat sich nun auch mein Hunger gemeldet und ich suche mir ein sonniges Plätzchen auf der Terrasse des Restaurants, das gleich neben der Haltestelle müde Wanderer mit einheimischen Spezialitäten stärkt.

Alp Grüm | Berninapass | ©Sabina Hediger
Alp Grüm | Berninapass | ©Sabina Hediger

Schön ist es hier. Die Stille lässt mich ruhig werden. Mit Blick auf den Gletscher löffle ich eine wärmende Suppe, begleitet von original Puschlaver Ringbrot. Mit dem wohlklingenden Namen “Brasciadela” übrigens. Genuss für alle Sinne.

In der Ferne höre ich Murmeltiere pfeifen, sehen kann ich sie leider nicht. Aber die weissen Wolkenformationen, die sich am Himmel zeigen, die sehe ich gut.

Als ich beim Dessert angekommen bin, ja natürlich, ein Stück Bündner Nusstorte, packe ich meinen Laptop aus. Mit gut gefülltem Bauch lässt sich in der Alpenluft nicht nur die Landschaft geniessen und auf sich einwirken. Man kann – oder besser: ich kann – auch hervorragend schreiben. Schon der eine oder andere Blogartikel ist hier geboren worden. Munter tippe ich drauf los.

Die wahre Freiheit

Der ältere Herr neben mir fragt mich neugierig, ob ich denn an diesem herrlichen Tag wirklich hier arbeiten müsse? “Na ja, müssen tue ich nicht. Aber es macht mir viel Freude, hier in dieser traumhaften Umgebung meinen Gedanken freien Lauf zu lassen und sie auch niederzuschreiben. Das ist für mich die wahre Freiheit. Da arbeiten zu dürfen, wo es mir gefällt”, antworte ich ihm. Er nickt mir anerkennend zu und muss diese Information erstmal für sich sortieren.
Dass ich dabei mit meinen schicken Turnschuhen nicht wie ein typischer Wandervogel aussehe, macht die Verwirrung komplett. “Sachen gibt’s…”, glaube ich von seinem Gesicht ablesen zu können und schmunzle in mich hinein.

Gefühlte 100 Bilder

Weil die Sonne im Herbst schon deutlich früher untergeht, ist meine Rast zeitlich etwas begrenzt. So geht’s also nach guten 2-3 Geniesser-Stunden mit dem Zug wieder talabwärts. Schliesslich möchte ich lieber noch bei Tageslicht heimfahren und auch die Nachhause-Fahrt aussichtsmässig mitverfolgen können. In diesem Fall ist für mich definitiv der Weg das Ziel.

Müde, glücklich, voller Eindrücke und mit gefühlten 100 Bildern mehr im iPhone komme ich abends wieder in Zürich an. Es hat sich sowas von gelohnt, mir mein Herbstritual zu gönnen.

So, für heute ist genug erzählt. Nun gilt es, die diesjährige Berninapass-Reise zu planen. Datum finden, im Panorama-Zug einen Sitzplatz reservieren, auf schönes Wetter hoffen. Und geniessen. Die nicht vorhandene Soft-Shell-Jacke und die Wanderschuhe bleiben übrigens auch diesmal wieder zuhause. Passt einfach nicht so wirklich zu mir.

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Sabina Hediger Coaching

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Und wenn es etwas zu feiern oder zu lachen gibt, bin ich sofort dabei. Weil hey, das Leben ist zu kurz für lauwarm, oder?

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